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Die Geschichte von Deutschtewel
Deutschtewel liegt im Komitat Wesprim/Veszprem, am Fusse des Bakony-Gebirges, 8 km südöstlich von der Stadt Poppau/Päpa.
Der Ortsname Deutschtewel geht auf einen Personennamen zurück und als Siedlung des landnehmenden ungarischen Fürstenstammes bewahrt die Gemeinde das Andenken eines Enkels von Arpäd, des Sohnes von Tarkacsu. Seine älteste, in ungarischen Quellen überlieferte Form Tuel kommt in der ersten, der dem Fü. Ladislaus zugeschriebenen Konskription von Wiel/Bakonybel vor.
Nach dem jetzigen Stand linguistischer Forschungen dürfte der Personenname Tevel auf das türkische Wort teve mit dem Ableitungssuffix -l- zurückgehen. Der Ortsname kommt in folgenden Varianten vor: Thevel, Nagythevel, Thewely, Puszta Tewely, Nagi Teveli, Teutsch Tebell, Teutsch Tewell oder Nemet Tevel.
Vom Vorhandensein der römischen Kultur in der Umgebung von Deutschtewel zeugen mehrere, in dieser Region zum Vorschein gekommene Funde. Die römische Strasse, die die damalige Siedlung mit Wesprim und Raab/Györ verband, muss zwischen Tapolcafö und Wedige/Homokbödöge über den Hotter von Deutschtewel geführt haben. Bei Pflugarbeiten zutage geförderte römische Münzen, ein beschrifteter Marmorstein, Spindelringe lassen an dieser Stelle sogar eine Siedlung in der Römerzeit vermuten.
In die Umgebung von Deutschtewel trafen seit dem fränkisch-awarischen Krieg massenweise Slawen, genauer gesagt pannonisch-slowenische Kolonisten ein. Die landnehmenden Ungarn haben in dieser Gegend eine grössere Anzahl sesshafter Slawen angetroffen und sie haben sich mit ihnen bald vermischt. Die zweite Generation der landnehmenden Ungarn liess sich in Deutschtewel zur Zeit des Enkels von Ärpäd nieder. So wurde unse Dorf zum königlichen Besitztum und deswegen konnte König Geza II. Tewel dem St. Moritz Kloster in Wiel schenken.
Ende des 14. Jahrhunderts tauchte dann als neuer Besitzer die Abtei Zirtz/Zirc -allerdigns vorläufig neben der Abtei Wiel - auf.Über ihre in Deutschtewel wohnenden Leibeigenen gibt es schon aus dem Jahre 1392 sichere Angaben.Tewel gehörte auch 1488 noch zum Teil dem Abt von Wiel, dessen Leute 18 Gulden Steuer zu entrichten hatten; der andere Teil war im Besitz des Abtes von Zirtz.
Während der Türkenherrschaft galt das Komitat Wesprim nicht nur als eine von den Türken besetzte Region, sondern auch als Grenzland. Die Siedlungen um Poppau wurden in Wirklichkeit sowohl in den türkischen, als auch in den ungarischen Steuerbüchern geführt, obwohl sie nach 1606 als freie Dörfer bezeichnet wurden.
Vor den Angriffen der Türken war das Komitat von zwei Seiten geschützt, das Teweler Ungarntum befand sich zwischen den beiden Festungslinien des Verteidigungsgürtels und wurde somit aufgerieben.
Die Siedlungssverhältnisse in Deutschtewel können am Ende der Türkenherrschaft nicht rekonstruiert werden, da das Dorf nach 1619 in den Steuerverzeichnissen nicht mehr angeführt wurde.
An die Stelle der verschwundenen Ungarn mussten dann im 18. Jahrhundert deutsche Kolonisten treten.
An diesem Zustand änderte auch der Umstand nichts, dass Deutschtewel 1659 vom Abt von Lilienfeld, zusammen mit anderen Besitztümern der Abtei Zirtz für den Zisterzienserorden zurückgewonnen wurde. Aus verschiedenen Überlegungen heraus wollte der Abt von Lilienfeld, Matthäus Kollweiss, Zirtz und dessen Besitztümer an ein stark bevölkertes Zisterzienserkloster verkaufen.
Die Abtei, die sowohl materiell, als auch geistig, aber auch nach der Zahl der Ordensmitgliedern in der Lage war die einstigen Zisterzienserstifte in Ungarn erfolgreich wiederherzustellen, war das in seinem goldenen Zeitalter stehende schlesische Heinrichau.Abt Heinrich entsandte Abraham Wabrzig, ein in juristischen und finanziellen Fragen gleichermassen bewandertes und der Aufgabe gewachsenes Ordensmitglied nach Zirtz, um die Besitztümer der Abtei zu besichtigen und Verhandlungen aufzunehmen.
Wabrzig kam am 28. September 1699 nach Poppau. Sein am 17. Oktober aus Wien geschriebener Brief enthält wertvolle Angaben über die damaligen Zustände in Deutschtewel.
In der Siedlung lief die Wirtschaft schon damals an, aber bloss mit einigen überlebenden und zurückgekehrten Teweler Leibeigenen.
Die Motive der Kolonisationspolitik in Deutschtewel waren andere, wie anderswo im Lande. Mit der Ansiedlung von Deutschen in den verlassenen Dörfern diente mithin Heinrichau nicht der Germanisationspolitik der Habsburger, sondern erfüllte den Zisterzienserauftrag des Generalkapitels, natürlich auch mit Rücksicht auf die Interessen des eigenen Klosters.
Nachdem Heinrichau und Lilienfeld sich auf den Verkaufpreis geeinigt hatten, brach Pater Abraham am 1. März 1701 nach Ungarn auf. Er kam mit Wilhelm Sebastian, zwei Fuhren sowie mit einigen ihr Glück versuchenden Familien aus Schlesien an, um die Wirtschaft zu übernehmen.
Der Rákóczi-Freiheitskampf erschwerte die erneuerte Kolonisation der Deutschen, d.h. sie wurde erst nach dem Friedensschluss von Sathmar (1711) möglich. Nach der Niederschlagung des Aufstandes war Heinrich Schneider als mit Vollmacht ausgestatteter Beauftragter des Abtes von Heinrichau schon 1711 bemüht, von Poppau aus die von der Abtei verwalteten Gemeinden wieder auf die Beine zu stellen und "ging in Tewel ans Werk".
Die "Conscriptio" des Komitats Wesprim von 1720 erwähnt bei Puszta Tevelly (Deutschtewel) Schlesier, Franken, Mähren und Kroaten. Diese Annahme scheint auch Frigyes Pesty zu bestätigen, nach dessen Meinung Deutschtewels ,.frühere Einwohner den Überlieferung nach Ungarn waren und erst später wurde das Dorf von Kroaten besiedelt, die eingedeutscht wurden."(Manherz 1990: 71)
Nach den heute noch bekannten Überlieferungen sollen die deutschen Kolonisten Kroaten angetroffen haben, die im in den sog. "Bachstätte" eingegrabenen Höhlen gewohnt haben.
Nach Alois Lovárdy soll 1711 eine aus schlesischen Handwerkern und Bauern bestehende Gruppe nach Ungarn gekommen sein: "Die winzige Schar, der sich auch Krainer angeschlossen hatten, Hess sich in Deutschtewel nieder. Die Bautätigkeit lief an...Deutschtewel erstand wieder auf aus seinen Ruinen und entwickelte sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Hauptort der sich organisierender Zisterzienser". (Manherz 1990: 71)
1715 Hess der Abt von Heinrichau Heinrich Schneider nach Hause rufen und nach dreimonatigen Beratungen sandte er ihn zusammen mit Gregor Regnard mit dem Auftrag zurück endlich Massnahmen zu ergreifen.
Schneider wurde übrigens 1715 zum ersten Pfarrer Deutschtewels ernannt. Am 18. Oktober 1717 begann Schneider mit den Eintragungen in die Kirchenbücher des Dorfes, was den Abschluss der Gründung der Gemeinde bedeuten dürfte. Vielleicht waren schon 1719 die in den Notationes erwähnten 23 Bauern und 27 Kleinhäusler beisammen, mit denen Schneider als Administrator einen Ansiedlungs-vertrag schloss. Deutschtewel war zur Zeit des Vertragsabschlusses eine geordnete Gemeinde mit Richter und Gemeindevorstand.
Als Heinrich Schneider 1723 nach zwölfjähriger Amtszeit als Administrator nach Heinrichau zurückkehrte, sammelte er für seine Ordensbrüder Angaben über die Besitzungen in Ungarn. Als letztes wird in diesem Verzeichnis Deutschtewel angeführt.
Der Ursprung der Kolonisten bei einer Privatkolonisation lässt sich schwer feststellen: es fehlt das Ansiedlungsverzeichnis in den Archiven. In solchen Fällen ist man auf die Kirchenbücher angewiesen. Die "Conscriptio" ist zweifelsohne die erste Quelle, die darüber Auskunft gibt, welchen Stämmen die ersten Kolonisten Deutschtewels angehörten, Sie waren Schlesier, Franken, Mähren und Kroaten. Bei den Mähren und Kroaten stellt sich die Frage, ob sie Deutschmähren oder Deutsch sprechende Kroaten waren.
Bei Frigyes Pesty findet man folgende Erklärung: "Die früheren Einwohner waren Ungarnn, erst später wurde die Ortschaft von Kroaten besiedelt. Die letzteren wurden durch die von den Zisterziensern hier angesiedelten Schlesien!, Pfälzern und anderen aus dem deutschen Reich eingedeutscht. (Manherz 1990: 76)
In Raimund Kaindls Arbeit fanden sich später auch Hinweise auf Deutschtewel: "In den Jahren 1720 bis 1724 wanderten Deutsche aus der Wieselburger Komitat, ferner aus der Gegend von Mainz und Würzburg sowie aus Schwaben ein und Hessen sich u.a. in Nagytevel nieder." (Manherz 1990: 76)
Die ersten Kirchenbücher von Deutschtewel wurden, wie bereits erwähnt, 1717 angelegt. Die Heimatdörfer sind nur bei den Namen der Jungvermählten, aber auch hier nicht immer, angegeben. Man darf mit voller Sicherheit annehmen, dass die überwiegende Mehrheit der Siedler schon verheiratet, in ihren besten Jahren hier eintraf; ihr Heimatort wurde demzufolge nicht eingetragen.
Auf Grund der Angaben der Kirchenbücher über die Abstammungsorte zeichnet sich ein verzerrtes Gesamtbild ab: 46 Kolonisten entfallen auf die deutschen Siedlungen im ehemaligen Westungarn (heute Westungarn und Burgenland), 26 auf Österreich, 15 auf die Krain, 12 auf Schlesien, 7 auf Bayern, 6 auf fränkisches Gebiet, 5 auf Böhmen, 5 auf Schwaben, 5 auf die Steiermark und die übrigen auf das Eisass bzw. auf das "Imperium" Mainz, Mähren, die Pfalz, Sachsen und Siebenbürgen.
Die Angaben bestätigen einerseits die oben zitierten Quellen über die Ansiedler aus Schlesien, der Krain, Franken, Mähren und der Pfalz, andererseits aber untermauern sie auch historisch, dass die meisten Kolonisten von Deutschtewel aus dem bairisch-österreichischen Sprachraum stammten.
Durch die Zisterzienserbesitzungen lässt sich auch erklären, dass auch aus drei Zisterzienserabteien, aus Lilienfeld, Pernau (Porno) und sogar aus dem fernen Durch die Zisterzienserbesitzungen lässt sich auch erklären, dass auch aus drei Zisterzienserabteien, aus Lilienfeld, Pernau (Pornó) und sogar aus dem fernen Kloster Ebrach Kolonisten kamen. Auf der Karte, unweit des Herkunftortes der Krainer, findet man die Zisterzienserabtei Sittich/Sticna, neben denen, die aus dem Komitat Wieselburg gekommen sind, die Abtei Heiligenkreuz.
Ausser durch die mehr oder weniger institutionalisierten und organisierten Anwerbungen gelangen aber auch sehr viele Kolonisten durch Zufall oder durch besondere Anlässe nach Tewel. Schliesslich wurden die Dörfer unweit der südwestdeutschen Einschiffungsorte an der Donau in der Umgebung von Ulm, Donauwörth, Regensburg vom Auswanderungsfieber gepackt. Auf diese Weise konnten auch Kolonisten aus schwäbischen und bayrischen Gegenden, so auch aus Mertingen bei Donauwörth nach Tewel gelangt sein.
Direkte Kontakte zu Schlesien bestanden ein ganzes Jahrhundert lang nach Beginn der Ansiedlung. Auch die Äbte besuchten Deutschtewel ganz gern. Dabei absolvierten sie nicht nur die "paterna visitatio", sondern sie machten auph den Deutschtewelern durch die Bereitstellung von etwas Wein erinnnerlich, dass ihr Gutsherr "aus Schlösing [sic!] her, d.h. aus Schlesien her, zu ihnen gekommen sei.
Zur Zeit der Besiedlung von Tewel gab es in Heinrichau einen damals noch nicht sehr alten, dafür aber um so stärker ausgeprägten Dreifaltigkeitskult. Die alte Kirche von Deutschtewel erhielt 1733 ein Dreifaltigkeitsbild.
Da sich mit dem Anwachsen der Gemeinde diese erste Kirche bald als zu klein erwiesen hatte, wurde sie bereits Mitte des 18.Jahrhunderts erweitert.
1770 bestimmte dann der Abt onstantin Haschke den Standort einer neuen Kirche. Als am Hl. Michaelstag 1775 die neue Kirche zu Ehren der Dreifaltigkeit eingeweiht wurde, wurde der Trinitätskult in Tewel durch das Kirchtagsfest am Dreifaltigkeitstag auch für die Zeiten nach dem Barock gesichert.
An der Einstudierung der Dreifaltigkeitsgesänge mag auch der Pfarrer Ignaz Mücke (1763-1766) Anteil gehabt haben, der vorher in Heinrichau und Zirtz "cantor und regens chori" gewesen war. Diese Gesänge bilden heute noch einen Bestandteil der Kirchengesangsordnung. Auf einem Pfarreisiegel ist die Darstellung der Dreifaltigkeit übernommen und auf dem Siegel des Gemeinderichters ein strahlendes Auge in einem Dreieck als Symbol der Dreifaltigkeit abgebildet.
Der Trinitätskult schlug angesichts solcher Traditionen tiefe Wurzeln im Gemüt der Teweler und wurde beinahe auch zum Symbol der Liebe zum Heimatdorf.Die Ehrung des Johannes von Nepomuk in Tewel wird, ähnlich wie der Dreifaltigkeitskult, schlesischen Ursprungs sein. Dass sie hier Wurzeln schlagen konnte und weiterlebte, ist aber dem Umstand zuzuschreiben, dass der Kult dieses Heiligen ebenfalls zu den beliebten und allgemein verbreiteten barocken Andachtsformen gehörte.
In der alten Teweler Kirche Hess der Pfarrer Peter Schneider (1734-1744) noch unter dem Abt Gerhard den einzigen Nebenaltar zu Ehren des Hl. Johannes von Nepomuk errichten.
Auch in Heinrichau trugen mehrere Ordensmitglieder den Vornamen Johannes von Nepomuk. Einer von ihnen, Johann Nep. Aberle, war Pfarrer in Tewel (1775-1777) und nahm an der Einweihung der neuen Teweler Kirche als "emeritius prior" teil.
Im Friedhof auf den alten Grabsteinen findet man einige doppelte Vornamen, von denen der eine Nepomuk, gekürzt Nep., ist. Z.B.: Johan Nep. Heizier, Johan Nep. Eisenport.
Das Bild für den Altar des Hl. Johannes von Nepomuk wurde in dieser Kirche von Krause gemalt. Sein Standbild war auch in der einstigen Kloster, später Eisenbarth-Mühle zu sehen.
Im Folgenden ist noch kurz auf die sozialen und Vermögensverhältnisse der Kolonisten einzugehen. Die deutschen Kirchenbücher enthalten selten Angaben, die auf die soziale Lage der Auswanderer schliessen lassen. Es wird aber erwähnt, dass ein jeder Auswanderer 100 Gulden Auswanderungsgebühr zu zahlen hatte.
Den grössten Teil der Kolonisten dürften aber Bauern gestellt haben, die in harter Arbeit Wald und Gesträuch in dem Hotter von Deutschtewel ausgerodet und dadurch fruchtbares Land gewonnen haben. Im Ergebnis dieser Rodung wurden die Fluren Krainer Feld, Birkenfeld, Neurissäcker und Teichacker wieder fruchtbar.
Die Ansiedlung in Tewel erforderte also einen ganzen Menschen. Auch hier begann schon eine "Auslese", und jener, dessen Kraft und Ausdauer für den harten Kampf nicht ausreichte, blieb unweigerlich von den anderen zurück. So durfte also vorkommen, dass einige bemüht waren, eventuell weiter ihr Glück versuchen. Die Kolonisten, die Tewel wieder verliessen, kehrten nicht in die alte Heimat zurück, sondern sie liessen sich in anderen ungarndeutschen Ortschaften nieder.
Csuka Gabriella, 2002.

